Donnerstag, 21. Januar 2010

Froehliche Weihnachten und Frohes neues Jahr!

Besser spaet als nie, dachte ich mir... Ich sitze gerade in meinem Zimmer, erhole mich vom Mittagessen (einem riiiiesigen Papaya-Milchschuettler!), bewundere meinen neuen Kleiderschrank, den Tisch, die Lampe und den grossen Spiegel (ja, die letzten vier Monate habe ich ohne diese Dinge gelebt) und ueberlege, ob ich noch schnell zum Palì laufen soll, um Fleisch fuers Abendbrot zu kaufen, bevor die anderen mich zum Strand abholen... Hhmmm, noe keine Lust – zu muede. Gestern war ich mal wieder zu lange im Park. Wir haben um einen Freund getrauert, der von seinem Bruder nach Costa Rica zum Arbeiten geholt wurde, die Loehne sind dort naemlich hoeher. Da muss heute abend wohl wieder die gute alte Fritanga an der Ecke herhalten, da gibts das beste pollo asado („Brathuehnchen“) hier in Corinto. Mit der Arbeit war es etwas problematisch in letzter Zeit. Da hier gerade Schulferien sind dachten sich die lieben Kinderchen, dass meine Projekte wohl auch ausfallen wuerden und sind deshalb oeftermal einfach nicht erschienen. Seitdem ich nicht mehr bei meinem Nica-Chef wohne, gestaltet sich die Kommunikation zwischen uns als etwas schwierig, was die gemeinsame Arbeit nicht unbedingt erleichtert. Ich erreiche ihn fast nie telefonisch und er wuerde nie auf die Idee kommen, mich von sich aus anzurufen. Ein paar Mal bin ich dann so vorbeigefahren um einen neuen Arbeitsplan abzusprechen, aber zu Hause war er fast nie. Im Dezember versprach er mir, dass es ab Januar „ganz viel Arbeit“ geben wuerde. Haha, davon sehe ich bisher nichts. Er ist wirklich keine Hilfe fuer mich, ich koennte genausogut alleine vor Ort sein. Dann waere es sogar einfacher, da ich mir selbst die Projekte aussuchen koennte... Wie dem auch sei, ich habe inzwischen keine Lust mehr auf meinen tollen „responsable“ zu warten und werde demnaechst in Kooperation mit dem Buergermeister und der Parroquia zumindest 2 Tage die Woche an Umweltprojekten arbeiten. Wenden wir uns erfreulicheren Dingen zu: meinem KurzKaribikurlaub auf Little Corn Island!  Es war einfach nur... paradiesisch, traumhaft, wunderbar toll.... es sah genauso aus, wie auf den Postkarten, aber ich will ja hier niemanden neidisch machen. ...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................3 Tage spaeter............................................................................................... ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ Nennt mich Super-Luisa! Ich habe schon wieder einen Vulkan bestiegen!! Ohja, das habe ich. Den unglaublich hohen, aktiven Telica-Vulkan hats diesmal getroffen... Ich hab mir eine Quetzaltrekkers-Tour gegoennt. Am Samstag gings also um sechs Uhr in der Frueh los. Sieben Maedels, unsere zwei Guides und Dave waren dabei. Der gute Dave ist einen Tag zuvor 71 Jahre alt geworden, aber wie ein junger Gott den Berg hochgekraxelt, wirklich beeindruckend. Wir haben oben neben dem Krater gecampt und auch mal reingeschaut. Dafuer musste man den Kopf in eine Schwefelwolke stecken. Alle mit experimentierfreudigen Chemielehrern kennen diesen Geruch. Auf dem Rueckweg war ich dann so muede, dass ich im Bus eingepennt bin... Tja, lange sollte mein unschuldiger Schlummer nicht waehren... Jemand tippt mir ploetzlich auf den Kopf. Ich schrecke hoch. „Pollo, pollo, pollo“ (Huehnchen, Huehnchen, Huehnchen), werde ich lautstark froehlich angeschrien. Es folgen „juuuuuuuuuugoooo“ (Saaaaaft), „mani, mani, mani“ (Erdnuesse, Erd.. ach koennt ihr euch ja denken ;)), „naraaaaanjas“ (Oraaangen), „rosquillaaas“ (hmm ka...Rosquillas) und wieder „pollo, pollo, pollo“ (HUEHNCHEN, HUEHNCHEN, HUUEHNCHEN!!!!) Verdammt, wo bleibt „aguaaguaagua“? - Ich hab Durst!! „Galleetas“!! Jemand wirft mir eine Packung Kekse in den Schoss und ich habe Muehe sie wieder loszuwerden. Ich will doch nur mein Agua! Die letzten beiden Pollo-Verkaeufer stolpern aus dem Bus und weiter geht die Fahrt. Kein Wasser fuer mich, bei gefuehlten 38,5 Grad Celsius im Bus. Na wunderbar, muss ich bis zur naechsten Station warten. VERDAMMT! .................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. 4 Tage spaeter ............................................................................ ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................................................................................ Ich weiss auch nicht, irgendwie schaffe ichs nicht den Laptop zum Internetcafe zu schleppen und das Zeug hier hochzuladen... Die letzten Tage war ich aber echt vollbeschaeftigt (surpriiise). Ich starte gleich mal einen Versuch. Drueckt mir die Daumen. .................................... ............................................................................................................................................................................................................................................ 90 Minuten spaeter ...................................................................................... ................................................................................................................................................................................................................................................ Mist, ich wurde abgelenkt! Diese heimlichen Telefonstalker immer, mensch mensch... kennt ihr ja bestimmt. Und die Klingelstreichmaenner erst. Jetzt gehe ich aber wirklich. Im Takt der Aventura-Bachata-Musik von gegenueber werd ich meine Hueften ins Cyber schwingen. Ausserdem zieh ich mir nen Strumpf uebern Kopf, damit mich im Park keiner erkennen und aufhalten kann. So bin ich. DAS tue ich fuer euch! Yeah, jetzt laeuft Material Girl von Madonna. Los gehts!


Wahlspruch des Tages: Es ist nicht alles Schnee, was gruen ist.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Lost im Nebelwald

Am zweiten Adventswochenende haben wir uns nach einer voellig verrueckten und unglaublich wilden Partynacht in Granada nach Ometepe, der Insel mit den zwei Vulkanen aufgemacht. Der Nicaraguasee in dem sie liegt ist riesig und das einzige Gewaesser der Welt in dem es Suesswasserhaie geben soll ( ich hab keinen gesehen). Wir dachten uns, wenn man schonmal auf einer Insel mit zwei Vulkanen ist, sollte man doch zumindest auf einen raufklettern. Gesagt, getan. Nachdem wir fachmaennisch versucht hatten gegenseitig unsere Kraefte ein- und die Hoehe der Vulkane abzuschaetzen, haben wir uns fuer den kleineren, harmloser aussehenden entschieden – den Vulkan Maderas - und eine Tour fuer den naechsten Tag gebucht. Das war der erste Fehler. Obwohl, eigentlich war es der zweite. Die meisten von uns, mich eingeschlossen, hatten aus purer Faulheit, denn Wanderschuhe sind SCHWER, eben diese zu Hause gelassen und wollten nun den Aufstieg in Chucks und aehnlichem Schuhwerk mit abgelaufenem Profil wagen. Der dritte Fehler: dass es sich um einen NEBELwald handelt haben wir zur Kenntnis genommen – mehr nicht. Fehler Nummer Vier: Obwohl es in der Nacht etwas regnete (Achtung Untertreibung) machten wir uns frueh morgens um sechs Uhr frohen Mutes, von unserem 17-jaehrigen Guide angefuehrt, auf den Weg. Die Tour sollte insgesamt sechs Stunden dauern. Nichts leichter als das, dachten wir. Es war ziemlich neblig im Nebelwald (wer haette das gedacht?!). Der Nebel und der Regen vom vorigen Tag hatten die Wege in Rutschbahnen verwandelt. „Weg“ ist hier eigentlich nicht das richtige Wort. Es waren mehr Kletterpfade, teilweise mussten wir zwei Meter in die Tiefe springen oder drei Meter hohe Felswaende hinaufkraxeln. Im Nebel. Mit Chucks.
Ich habe mich noch nie, NIEMALS zuvor so unglaublich... naturverbunden gefuehlt! Ich habe mich von Steinen angreifen und der schlidderigen, matschigen, rotbraunen Vulkanerde austricksen lassen, Nebelwaldbaeume umarmt, mich von einem zum anderen gehangelt um ueberhaupt vorwaerts zu kommen und die Erde gekuesst. Ich habe meine Beine wadentief im Schlamm versenkt und ihm beinahe meine Schuhe geschenkt. Das Tarzan-Jane-Ding mit der Liane hab ich auch probiert, aber sie wollte nicht so recht und ich bin zum ich-weiss-nicht-wievielten-Mal auf meinem Allerwertesten im Matsch gelandet. Der Hoehepunkt der Tour sollte eine wunderschoene Lagune im Vulkankrater sein. Was wir dort vorfanden aehnelte mehr einem nebelverhangenen Weiher, aus dem jederzeit eine Moorleiche haette auftauchen koennen. Auf dem Rueckweg wurde es noch schlimmer, rutschiger, matschiger, Wasser war alle. Auf die Frage: Wann sind wir da?? antwortete der Guide bereits seit zwei Stunden „in einer halben Stunde“. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich dachte: Bitte bitte, lass mich zu einem dieser Nebelwaldbaeume werden – ich konnte einfach nicht mehr. Den anderen ging es auch nicht besser und der Guide war schon in Sorge, ob wir ueberhaupt vor Anbruch der Dunkelheit den Dschungel verlassen haben wuerden. Aber dann ist etwas Wunderbares passiert. Zwei Bruellaffen haben mich angebruellt. Und das hat in mir irgendwas ausgeloest, so etwas wie den Ueberlebensmodus nehme ich an. Vielleicht wusste mein Unterbewusstsein schon vorher (der Guide hat es mir erst eine halbe Stunde spaeter erzaehlt), dass Bruellaffen nicht aus reiner Lebenslust bruellen, sondern wenn sie muerrisch sind, weil man ihre Privatssphaere stoert oder weil sie Hunger haben. Ich konnte mich also wieder bewegen und rutschte und kletterte (von gehen kann keine Rede sein) weiter den Berg hinunter. Kurz vor Sonnenuntergang waren wir wieder im Dorf. Statt sechs dauerte die Tour etwa zehn Stunden.
Dieser Bericht soll niemanden von einem Ausflug in den Nebelwald abhalten. Denn es ist schoen im Nebel-urwald-dschungel! Mit den ganzen Geraeuschen um mich herum habe ich mich wie in einem waschechten Tropenhaus gefuehlt.
Wieder zu Hause in Corinto habe ich drei Tage vergeblich versucht ein Treffen mit meinem Tutor, also meinem „Verantwortlichen“ auszumachen. Am Donnerstag ist er dann einfach nicht gekommen, stattdessen bekomme ich einen Anruf um neun Uhr abends: Du musst morgen um acht in Managua sein! Das heisst um vier aufstehen... Vielen Dank fuer die fruehzeitige Benachrichtigung! Von Freitag bis Sonntag war ich also auf einem Seminar vom Movimiento. Den Sinn des Seminars habe ich nicht ganz verstanden. Dafuer sind wir aber viel Taxi gefahren, das ist naemlich immer ein riesiger Spass. Wie Tetris spielen! Man versucht soviele Menschen wie moeglich in ein Auto zu quetschen. Das Maximum an diesem Wochenende waren 10 Personen in einem Taxi (kein Kombi, eine ganz normale Limousine),
aber Ramón, der auf mir drauf sass hat mir stolz erzaehlt, dass sie erst letzte Woche mit 16 Leuten (den Fahrer nicht eingerechnet!) in so einem Ding sassen. Wie das funktionieren soll? Hab ich auch gefragt. Also auf der Rueckbank vier Leute unten, darauf drei sitzend und ganz oben drauf zwei liegend, also bis zur Decke gestapelt. Auf dem Vordersitz drei aufeinander, zwei im Kofferraum und der Letzte auf der Kofferraumablage. Klingt unbequem – ist es auch. Aber so spart man sich das Taxigeld. Auf dem Busfahrt nach Corinto ist noch was Lustiges passiert. Auf einmal hoerten wir einen lauten Knall und ein Teil des Busdaches flog weg! Einfach so :D Ich hab dann die zweistuendige Fahrt dazu genutzt mich zu sonnen. In Corinto ist waehrenddessen allerdings etwas nicht ganz so Lustiges passiert. Mein bester Freund hier wurde Samstagnacht zusammengeschlagen und ausgeraubt. Jetzt sieht er aus wie nach einer boesen Weisheitszahn-OP, ganz verbeult und bunt. Aber die Taeter sitzen inzwischen schon im Gefaengnis. Eigentlich sollte ich Montag und Dienstag ein Zeltlager von den Jugendlichen aus El Realejo begleiten, aber ich bin krank. :( Deswegen habe ich auch soviel Zeit zum Schreiben. Freut euch! :D Und zu guter letzt: ICH VERMISSE WEIHNACHTEN! Bei dem Wetter ist es einfach nicht moeglich in Weihnachtsstimmung zu kommen, es gibt keine Weihnachtsmaerkte, keinen Adventskaffee, keine Weihnachtskekse, keinen Gluehwein, keine Adventskalender, keine Weihnachtslieder (ja, ich vermisse sogar „Last Christmas“!). Zum Trost fahre ich dafuer einige Tage an die Atlantikueste = Karibik! :) Muesst ihr mal googlen: Little Corn Island.
Lasst es euch gutgehen und geniesst die Vorweihnachtszeit!

Mittwoch, 25. November 2009

FOTOS!

hier: http://picasaweb.google.es/luisa.en.nicaragua

endlich hab ichs geschafft ein paar hochzuladen. hab bisher viel zu wenige gemacht. wird nachgeholt :)

Auf ein Tote Hosen-Konzert sollte man nicht mit Flipflops gehen...

Diese schmerzliche Erfahrung habe ich letzten Donnerstag gemacht. Ob ihrs glaubt oder nicht, die Toten Hosen haben ein Konzert in der Hauptstadt Nicaraguas – Managua – gegeben. Und ob ihrs glaubt oder nicht, der Eintritt betrug 100 Cordoba = 5 Dollar = 3,50 Euro. Preisleistungsverhaeltnis war absolut top. Das Bloede war nur, dass ich keine vernuenftigen Schuhe hatte. Seit nun fast drei Monaten laufe ich nur in Flipflops rum – meine Fuesse findens super. Jedenfalls die meiste Zeit. Eben nur nicht am besagten letzten Donnerstag. Highlight des Abends  HighFive mit Campino, mal eben so ganz laessig abgeklatscht wuhuuu... Neben ein paar Nica-Punks (wusste gar nicht, dass es sowas gibt) waren fast nur Deutsche und andere „cheles“ auf dem Konzert. Keine Ahnung, wo die alle herkamen! Es war auf jeden Fall ein Riesenspass, obwohl (oder vielleicht deswegen) ich mich den ganzen Abend gefuehlt hab, als haette ich lustige bunte Pillen geschluckt. Jenes habe ich natuerlich nicht getan und wenn dann wuerde ich das hier nicht schreiben. Ich habe auch nur Wasser getrunken, ehrlich. Ich kann mir meinen Flash nur so erklaeren, dass das ganze Deutsch, das ploetzlich von ALLEN SEITEN in meine Gehoergaenge eingedrungen ist irgendeine komische Synapse, die laenger nichts zu tun hatte, in meinem Gehirn aktiviert hat und dadurch eine Schockreaktion ausgeloest hat. Aber ist ja auch egal.
Auf dem Rueckweg vom Konzert wurden wir von Polizisten angehalten. Ich will sie nicht korrupt nennen, hmm doch eigentlich schon, aber manche verdienen sich hier gerne mal den einen oder anderen Dollar dazu. Dumm nur, dass sie uns nichts vorwerfen konnten. Unser Fahrer hatte zwei Pistolen im Handschuhfach. BOAH FUCK, was wird das denn hier, hab ich nur gedacht als der die rausgeholt hat. Aber war anscheinend alles legal, er hatte Papiere dafuer. In Managua soll es normal sein, dass die Leute zum Selbstschutz Waffen unter den Autositzen verstecken. Hab ich so gehoert.
Ich fuehle mich eigentlich sicher hier in Nicaragua, aber einige andere Freiwillige wurden schon ausgeraubt und in letzter Zeit habe ich vermehrt von Ueberfaellen durch Gangs gehoert - ein Bekannter von mir wurde ins Koma gepruegelt. Aber da ich nicht alleine bei Dunkelheit durch verlassene Strassen lauf, muesst ihr euch keine Sorgen machen. In meinem kleinen Doerfchen El Realejo passiert eh nichts, wirklich absolut gar nichts. Deswegen ziehe ich am Wochenende nach Corinto, also in eine Hafenstadt direkt am Meer ;) Hmmm, was gibts noch zu berichten... Letzte Woche wollten die Gefangenen in Chinandega ausbrechen! Kein Wunder, das Gefaengnis mit 400 Plaetzen ist mit knapp 900 Insassen mehr als ueberbelegt. Man hoert ja von allen Seiten verschiedenes, wie es sich zugetragen haben soll, aber anscheinend haben einige Haeftlinge in den Zellen Kleidung und Matratzen verbrannt, um gegen die schlechten Bedingungen zu protestieren und danach die Waechter ueberannt. Daraufhin warfen diese Traenengasbomben und es wurde auch ein bisschen geschossen, mit dem Ergebnis: 1 Toter, 2 Angeschossene und viele weinende Maenner. Dummerweise konnten manche von den Gasbombenwerfern nicht richtig zielen, sodass draussen vor den Toren der Haftanstalt, wie es mir scheint, mehr Menschen laediert wurden als innerhalb.
Von kleinen gesundheitlichen Problemen mal abgesehen geht es mir aber super hier! Daran, dass bei der Arbeit nicht immer alles rund laeuft habe ich mich gezwungenermassen gewoehnt :D

Donnerstag, 12. November 2009

Die Krippe steht...

...und zwar auf dem Verkehrskreisel in Chinandega, geschmackvoll mit silberner und blassroter Glitterpuschelfolie dekoriert. Und das schon seit ueber zwei Wochen! Die ersten Plastikweihnachtsbaeume gesellen sich zu der Deko, die noch von letztem Jahr haengt - Weihnachten kann kommen wuerd ich sagen. Erst mal ein dickes Sorry an alle, weil ich mich so lange nicht gemeldet habe. In meinem Doerfchen gibt es seit fast drei Wochen kein Internet mehr, weil irgendwer (man weiss leider nicht genau wer) verdoedelt hat so einige Rechnungen zu bezahlen.
Anfang November war ich mal wieder krank, aber inzwischen bin ich wieder fit. Nach einer geplatzten Reunion am letzten Freitag, habe ich das Wochenende in Leon verbracht, die Vorzuege einer zivilisierten Stadt genossen (Kino, Restaurants, Bars) und mir ganz dekadent einen Cafe au lait und ein Mandelcroissant in der franzoesischen Baeckerei gegoennt. Vive la France!
In der letzten Zeit gabs hier ziemlich viel Regen, weil IDA ihr Unwesen an der Atlantikkueste getrieben hat, aber die habe ich jetzt weiter nach Mexico zur lieben Vivi geschickt :P
Gerade eben ist mein Gastbruder, -neffe oder was auch immer, der vor ca einem Monat verschwunden ist, wieder aufgetaucht. Er hat mal so ganz spontan aus Lustigkeit die Schule abgebrochen und ist in die Hauptstadt, also Managua zum Haeuserbauen gefahren. Das hat hier aber auch niemanden gestoert. Bildung hat hier einen nicht ganz so hohen Stellenwert wie in Deutschland... Vormittags unterstuetze ich regelmaessig den Englischlehrer der weiterfuehrenden Schule El Realejos. Der Laermpegel in der Schule ist einfach unglaublich. Multizipliert die Lautstaerke der nervigsten Klasse einer Schule in Deutschland mal zwei - das ist dann Normalzustand. Laut dem Lehrer liegt dies allerdings nur daran, dass Ende November das Schuljahr vorbei ist (Dezember & Januar sind Sommerferien), aber da bin ich mir nicht so sicher.Der Unterricht wird dadurch, dass die Schueler ab 13 ihre Flirtkuenste an mir testen, bzw. mir Briefchen ihrer aelteren Brueder zustecken, auch nicht leichter.
Das naechste nicht unerhebliche Problem ist, dass der Englischlehrer leider kein Englisch kann. Er unterrichtet seit neun Jahren Englisch, seit drei Jahren studiert er nebenbei Englisch an der Uni. Ich musste ihm bei seinen Hausaufgaben helfen. Er sollte einen einseitigen Essay ueber Hitler schreiben und eine Geschichte ueber zwei Zwerge und einen Schmetterling uebersetzen... So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich einige der 16-jaehrigen Schueler sich mir nicht einmal auf Englisch vorstellen konnten.
Endlich, endlich habe ich ein Fahrrad und bin somit etwas mobiler. Das gute Stueck hat aber auch so seine Tuecken. Es ist naemlich manchmal ein ganz schoener Dickkopf und verbietet den Bremsen fuer mich zu arbeiten. Als ich mich zum ersten Mal mit einem breiten Grinsen auf den Sattel geschwungen habe und durchs Dorf zu einem Freund radeln wollte, stand auf einmal eins von diesen 2-Meter-Schweinen vor mir und versperrte die komplette Strasse! Ich merkte zu spaet, dass die Bremsen gerade nicht so gut funktionieren, aber ich reagierte geistesgegenwaertig, sprang vom Fahrrad ab, schmiss es nach links um das Schwein nicht zu verletzen und machte eine Stuntrolle ueber das Schwein und...
Nee waer cool gewesen, in Wahrheit ist das Schwein, nachdem ich panisch sowas wie "Verpiss dich, dummes dickes Schwein!" auf spanisch geschrien hab, beleidigt einen Schritt nach hinten getappt und hat mich passieren lassen. Puuuh, das war aber echt knapp Leute, ich sags euch. Zum Glueck bin ich nicht sehr schnell gefahren, da hier immer irgendwelche Viecher auf der Strasse chillen oder auch mal ne fette Party feiern. Huehner, Katzen, Hunde, Pferde, Esel, Schweine, Schafe, Kuehe laufen eigentlich alle frei herum. Aber daran habe ich mich gewoehnt, genau wie an viele andere Dinge. In den zwei Monaten, die ich nun schon hier bin, hatte ich erst einmal die Gelegenheit warm zu duschen. Komischerweise hat mich das von Anfang an nicht gestoert. Inzwischen ist es auch normal fuer mich, dass sich mein Zimmer bei starkem Regen in ein Schwimmbad verwandelt, die komplette Waesche auf einem Waschbrett zu waschen, dass oefter mal Strom und Wasser ausfaellt und man alles bei Kerzenschein erledigen muss (das kann auch sehr romantisch sein :D). Statt des akademischen Viertels, erfreut sich hier die, ich nenn es mal "nicaraguanische Stunde" grosser Beliebtheit. Ueberall laufen kleine Geckos herum, es gibt tausend mal mehr Insekten als in Deutschland, so kommt es mir zumindest vor. Und doppelt bis dreimal so gross sind sie auch.
So ihr Lieben, ich verspreche euch, dass ich diesen Monat mindestens noch einmal schreibe:)
kuesschen an euch!

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Mal wieder Zeit fuer einen kleinen Zwischenbericht...

Gestern Nacht wurde ich durch einen lauten Knall, von lautem Geschreie und ohrenbetaeubender Musik gefolgt, geweckt. Vor Schreck bin ich quasi aus dem Bett gefallen, also aufgesprungen, hab mich im Mueckennetz verheddert, bin ueber eine Ananas gestolpert und auf allen Vieren gelandet. Ein Blick auf mein Handy: 3:45! Was bitte ist da draussen los?! - Die Oma hat Geburtstag, 67 Jahre jung. Sie ist aber nicht etwa taub, wie man bei der Lautstaerke der Musik meinen sollte. Ich hab brav gratuliert und mich zu den anderen aufs Sofa gesetzt. Die Musik wurde nicht leiser gedreht, sodass eine Unterhaltung nicht moeglich war. Stattdessen haben wir zu viert im Takt amerikanischer Geburtstagslieder gewippt und genickt. Nach einer gefuehlten halben Stunde habe ich mich wieder ins Bett verabschiedet - Ohropax sind wirklich etwas Wunderbares. Wer sich ueber die Ananas vor meinem Bett gewundert hat - die liegen hier gerade ueberall bei mir rum. Vier Stueck kosten nur 40 Cordoba = 2 Dollar = 1,40 Euro (so rechnet man hier immer um), somit sind sie zu einem meiner Hauptnahrungsmittel hier geworden.
Anderes Thema: Nica-Maenner sind zum einen sehr romantisch veranlagt, mir wurde schon das eine oder andere Liebeslied auf der Gitarre vorgeschmachtet, und zum anderen gibt es viele ueberzeugte "Machistas". Jenes sind schrecklich eifersuechtige Maenner, die mit Argusaugen ueber ihre eigene Frau und Toechter wachen, aber gleichzeitig oft aussereheliche Kinder haben, also fremden Frauen nicht abgeneigt sind. Fuer diese Maenner ist die Rollenverteilung klar: Frauen sind fuer die Kueche und zum Kinderkriegen da.
Ich hatte schon einige herrliche Diskussionen mit ein paar Maennern dieser Art. Beispiel: Die Tochter von José Angel, Bianca ist 20 Jahre alt. Sie darf das Haus nicht alleine verlassen, schon gar nicht um in den Park zu gehen. Ausgehen ist sowieso verpoent, eine Beziehung undenkbar, bis Bianca mit der Uni fertig ist. Was macht das Maedchen also den ganzen Tag? Lernen und Fernsehen. Ohne die Erlaubnis von José Angel geht gar nichts, und haelt sich Bianca einmal nicht daran, wird sie geschlagen. Mit 20! Auf meine Frage, ob dies der beste Weg sei, seine Kinder zu erziehen, erhielt ich die Antwort: "Aber sicher! Sonst wird man als Vater nicht respektiert, die Kinder machen was sie wollen und verlassen einfach so das Land ohne Erlaubnis und ohne Ehemann." (Seitenblick auf mich). Jaja. José Angel hat neben drei Kindern aus der Ehe, drei weitere uneheliche von drei verschiedenen Frauen. Ich fragte, wie das denn mit seinem vorher angefuehrten strengen katholischem Glauben (seine Antwort auf meine Frage nach der strengen Erziehung) zusammenpassen wuerde.
Da wusste er keine Antwort mehr. Ha! Erwischt...
Ich kann aus Platzgruenden nicht weiter ausholen, aber so viel sei verraten: Gegen Ende der Diskussion meinte er, dass er, wenn er mich so ansehen wuerde, sich doch wuensche, dass seine Tochter etwas selbststaendiger denken wuerde. Tschakka! :D
Nun moechte ich noch schnell die Lieblingsbeschaeftigung vieler Nicas (vor allem der Frauen) vorstellen: Telenovelas im Fernsehen anschauen.
Die "Telenovela" erlaeutert am Beispiel von "Sin senos no hay paraiso", frei uebersetzt: "Ohne Brueste gibt es kein Paradies".
1. Szene: Junges, huebsches Maedchen wirft sich heulend aufs Bett und bleibt dort fuenf Minuten weinend liegen (einige dramatische Positionswechsel inbegriffen). Der Grund: Ihr Freund hat ihre Mutter geschwaengert.
2. Szene: Im Restaurant wird "Jessica" von "Ramón" erschossen, weil sie "Katarina", den Mann ausgespannt hat.
Drama, Geschrei und schlechtes Schauspiel zeichnen eine Telenovela aus.
Ein herrlicher Spass! Das restliche Fernsehprogramm ist aehnlich anspruchsvoll. Es reicht von Hannah Montana (was die Oma liebend gern schaut), ueber einen "Barbara-Salesch-Verschnitt", bis zur schlecht gemachten Dauerwerbung.
Nun zu meiner Arbeit.
Der "Eingewoehnungsmonat" ist vorbei, wir haben letzte Woche meinen vorlaeufigen Arbeitsplan erstellt. Zwei Vormittage werde ich in der Taubstummen-Schule El Realejos verbingen, dafuer habe ich angefangen nicaraguanische Gebaerdensprache zu lernen. Zwei weitere Vormittage bin ich im Gymnasium um den Englischunterricht zu unterstuetzen und an einem werde ich andere Projekte mit dem Jugendnetzwerks El Realejos vorbereiten. In der Jugendarbeit werde ich die Schwerpunkte auf die Bereiche Gesundheit und Umwelt legen (zu behandelnde Thematiken sind unter anderem: Gesunde Ernaehrung, Geschlechtskrankheiten und Umweltverschmutzung), und das Netzwerk beim Aufbau einer Bibliothek und beim Fundraising unterstuetzen. Nachmittags habe ich drei Englisch- und zwei Deutschkurse in El Realejo und Corinto. Ausserdem arbeite ich mit den Jugendlichen aus dem Circo Colorinto und unterstuetze sie bei Aktivitaeten. Pro Woche plane ich zwei Kinoabende um mit den Geldern die Jugendarbeit zu foerdern.
Bis zum 21. Oktober wird noch nicht nach Plan gearbeitet, da naechste Woche der Partnerzirkus der Colorintos aus Koeln zu Besuch kommt und wir gerade viel vorbereiten muessen.
So, diejenigen, die sich beschwert haben, dass ich zu wenig und selten schreibe, sollten jetzt zufrieden sein. :)
Liebe Gruesse aus Nicaragua.

Montag, 21. September 2009

"Deine Augen sind so gruen wie das Meer..."

- Endlich faellt den Leuten auf das meine Augen nicht einfach nur braun sind. ;)
Fuer die Maenner bin ich hier nicht "Luisa" - nein, ich heisse mamacita, preciosa, guapa, hermosa, amor, chelita oder bonita. Was das alles bedeutet duerft ihr jetzt mal selbst nachschlagen.
Hm, was ist die letzte Woche so passiert? Ich war ein paar Mal am Strand, feiern und hab mir die Gegend angeschaut, Leute kennengelernt. Dann bin ich am Montag leider krank geworden - Grippe - und lag vier Tage mit Fieber flach im Bett. Und das ist bei der unglaublichen Hitze hier nicht gerade angenehm.
Freitag/Samstag habe ich an einem Seminar vom Movimiento Nicaraguita in der Hauptstadt Managua teilgenommen und bin dann von dort nach Jinotepe gefahren. Sonntag, also gestern hab ich mit einer anderen Freiwilligen Granada angeschaut und bin nun wieder zu Hause.
Ich hab die letzten Wochen gelernt, dass in Nicaragua nichts nach Plan laufen kann und falls es doch mal so etwas wie einen Plan geben sollte, wird er hoechstwahrscheinlich kurzfristigst verworfen oder es wird "umgeplant". Beispielsweise wollte ich letztes Wochenende mit einigen Leuten aus dem Dorf eine Nacht auf einer Insel verbringen (so mit Fischen, in Haengematten schlafen, Kokosnuesse pfluecken ;) ). Ich hab mich wahnsinnig gefreut, um 17 Uhr sollte es los gehen und was passierte? Der Fahrer des Bootes betrank sich mit Rum und um nicht ins Wasser zu fallen, fiel der Ausflug ins Wasser und wir mussten uns schnell was Neues fuer den Abend ueberlegen. Ein Leben in Nicaragua erfordert ein hohes Mass an Spontaneitaet, Kreativitaet und Geduld, denn einen grossen Teil des Tages verbringt man hier mit "warten", sei es auf den Bus, auf Freunde, in der Bank...
Puenktlichkeit wird nicht sehr gross geschrieben.
Die Durchschnittsgehgeschwindigkeit eines "Nicas" betraegt ein gutes Drittel derer des Durchschnittsdeutschen, dafuer ist hier aber alles mindestens doppelt so laut wie in Deutschland. :D
Zu guter letzt noch ein exklusiver Musiktipp von mir fuer euch. "arremangala empujala" heisst das gute Lied. Das laeuft hier praktisch den ganzen Tag und dazu hab ich "Tanzen" gelernt :D

Aloha