Donnerstag, 12. November 2009

Die Krippe steht...

...und zwar auf dem Verkehrskreisel in Chinandega, geschmackvoll mit silberner und blassroter Glitterpuschelfolie dekoriert. Und das schon seit ueber zwei Wochen! Die ersten Plastikweihnachtsbaeume gesellen sich zu der Deko, die noch von letztem Jahr haengt - Weihnachten kann kommen wuerd ich sagen. Erst mal ein dickes Sorry an alle, weil ich mich so lange nicht gemeldet habe. In meinem Doerfchen gibt es seit fast drei Wochen kein Internet mehr, weil irgendwer (man weiss leider nicht genau wer) verdoedelt hat so einige Rechnungen zu bezahlen.
Anfang November war ich mal wieder krank, aber inzwischen bin ich wieder fit. Nach einer geplatzten Reunion am letzten Freitag, habe ich das Wochenende in Leon verbracht, die Vorzuege einer zivilisierten Stadt genossen (Kino, Restaurants, Bars) und mir ganz dekadent einen Cafe au lait und ein Mandelcroissant in der franzoesischen Baeckerei gegoennt. Vive la France!
In der letzten Zeit gabs hier ziemlich viel Regen, weil IDA ihr Unwesen an der Atlantikkueste getrieben hat, aber die habe ich jetzt weiter nach Mexico zur lieben Vivi geschickt :P
Gerade eben ist mein Gastbruder, -neffe oder was auch immer, der vor ca einem Monat verschwunden ist, wieder aufgetaucht. Er hat mal so ganz spontan aus Lustigkeit die Schule abgebrochen und ist in die Hauptstadt, also Managua zum Haeuserbauen gefahren. Das hat hier aber auch niemanden gestoert. Bildung hat hier einen nicht ganz so hohen Stellenwert wie in Deutschland... Vormittags unterstuetze ich regelmaessig den Englischlehrer der weiterfuehrenden Schule El Realejos. Der Laermpegel in der Schule ist einfach unglaublich. Multizipliert die Lautstaerke der nervigsten Klasse einer Schule in Deutschland mal zwei - das ist dann Normalzustand. Laut dem Lehrer liegt dies allerdings nur daran, dass Ende November das Schuljahr vorbei ist (Dezember & Januar sind Sommerferien), aber da bin ich mir nicht so sicher.Der Unterricht wird dadurch, dass die Schueler ab 13 ihre Flirtkuenste an mir testen, bzw. mir Briefchen ihrer aelteren Brueder zustecken, auch nicht leichter.
Das naechste nicht unerhebliche Problem ist, dass der Englischlehrer leider kein Englisch kann. Er unterrichtet seit neun Jahren Englisch, seit drei Jahren studiert er nebenbei Englisch an der Uni. Ich musste ihm bei seinen Hausaufgaben helfen. Er sollte einen einseitigen Essay ueber Hitler schreiben und eine Geschichte ueber zwei Zwerge und einen Schmetterling uebersetzen... So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich einige der 16-jaehrigen Schueler sich mir nicht einmal auf Englisch vorstellen konnten.
Endlich, endlich habe ich ein Fahrrad und bin somit etwas mobiler. Das gute Stueck hat aber auch so seine Tuecken. Es ist naemlich manchmal ein ganz schoener Dickkopf und verbietet den Bremsen fuer mich zu arbeiten. Als ich mich zum ersten Mal mit einem breiten Grinsen auf den Sattel geschwungen habe und durchs Dorf zu einem Freund radeln wollte, stand auf einmal eins von diesen 2-Meter-Schweinen vor mir und versperrte die komplette Strasse! Ich merkte zu spaet, dass die Bremsen gerade nicht so gut funktionieren, aber ich reagierte geistesgegenwaertig, sprang vom Fahrrad ab, schmiss es nach links um das Schwein nicht zu verletzen und machte eine Stuntrolle ueber das Schwein und...
Nee waer cool gewesen, in Wahrheit ist das Schwein, nachdem ich panisch sowas wie "Verpiss dich, dummes dickes Schwein!" auf spanisch geschrien hab, beleidigt einen Schritt nach hinten getappt und hat mich passieren lassen. Puuuh, das war aber echt knapp Leute, ich sags euch. Zum Glueck bin ich nicht sehr schnell gefahren, da hier immer irgendwelche Viecher auf der Strasse chillen oder auch mal ne fette Party feiern. Huehner, Katzen, Hunde, Pferde, Esel, Schweine, Schafe, Kuehe laufen eigentlich alle frei herum. Aber daran habe ich mich gewoehnt, genau wie an viele andere Dinge. In den zwei Monaten, die ich nun schon hier bin, hatte ich erst einmal die Gelegenheit warm zu duschen. Komischerweise hat mich das von Anfang an nicht gestoert. Inzwischen ist es auch normal fuer mich, dass sich mein Zimmer bei starkem Regen in ein Schwimmbad verwandelt, die komplette Waesche auf einem Waschbrett zu waschen, dass oefter mal Strom und Wasser ausfaellt und man alles bei Kerzenschein erledigen muss (das kann auch sehr romantisch sein :D). Statt des akademischen Viertels, erfreut sich hier die, ich nenn es mal "nicaraguanische Stunde" grosser Beliebtheit. Ueberall laufen kleine Geckos herum, es gibt tausend mal mehr Insekten als in Deutschland, so kommt es mir zumindest vor. Und doppelt bis dreimal so gross sind sie auch.
So ihr Lieben, ich verspreche euch, dass ich diesen Monat mindestens noch einmal schreibe:)
kuesschen an euch!

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